Kann man sich über einen Auskunftsanspruch nach Artikel 15 DSGVO vergleichen?

Kann man sich über einen Auskunftsanspruch nach Artikel 15 DSGVO vergleichen?

Beim Durcharbeiten des Tätigkeitsberichts des Bayrischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (BayLDA) des Jahres 2024 bin ich auf Seite 26 unter 4.5. auf eine für die Gerichts- und Aufsichtsbehördenpraxis echt spannende Frage gestoßen:

Kann der Betroffene auf einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO im Wege des (gerichtlichen) Vergleichs „verzichten“?

BayLDA stellt Verfahren ein und wird verklagt

Nach dem Vergleich kam es zu einer Beschwerde beim BayLDA über die nicht erfüllte Art. 15 DSGVO Auskunft.

Das BayLDA sah durch den Vergleich das Auskunftsersuchenals durch den Vergleich„mit“erledigt an.

Es wurde Klage gegen das BayLDA auf Durchführung von Abhilfemaßnahmen eingereicht.

Verwaltungsgericht Ansbach folgt dem BayLDA

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat daraufhin entschieden, dass eine vergleichsweise Einigung über einen datenschutzrechtlichen Anspruch möglich ist (Urteil v. 03.05.2024 – AN K 21.00653; Ich konnte das Urteil bisher nicht im Originaltext finden).

Nach dem objektiven Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 BGB war der Vergleich so auszulegen,

„…dass damit alles, was zuvor zwischen dem Kläger und dem Beschwerdegegner thematisiert wurde, erledigt ist…“

Dies gelte insbesondere für eine 𝗯𝗲𝗿𝗲𝗶𝘁𝘀 𝗴𝗲𝗹𝘁𝗲𝗻𝗱 𝗴𝗲𝗺𝗮𝗰𝗵𝘁𝗲 Auskunft.

Dabei müsse nicht explizit auf das Auskunftsrecht Bezug genommen werden, wenn sich aus dem Gesamtkontext ergibt, dass dieses jedenfalls von der Einigung mit umfasst sein soll.

Fazit:


➡️ Das BayLDA vertritt offensichtlich die Ansicht, dass ein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO durch einen (gerichtlichen) Vergleich grundsätzlich erlöschen kann und sich damit auch das aufsichtsbehördliche Verfahren erledigt. Ob dies alle Aufsichtsbehörden so sehen, ist fraglich.

➡️ Das VG Ansbach folgte diesem Ansatz, soweit die Auslegung des Vergleichs dies gebietet. Hier kommt es in der Praxis extrem auf den Einzelfall an. Ob die Auskunft in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren bereits thematisiert wurde, lässt sich ohne Kenntnis des Prozessstoffs der beiden Verfahren nicht abschließend sagen.

➡️ Ungeklärt bleibt für mich aber vor allem die praxisrelevante Frage, ob auch auf einen 𝗸𝘂̈𝗻𝗳𝘁𝗶𝗴𝗲𝗻 𝗔𝘂𝘀𝗸𝘂𝗻𝗳𝘁𝘀𝗮𝗻𝘀𝗽𝗿𝘂𝗰𝗵 nach Artikel 15 DSGVO im Wege des Vergleichs „verzichtet“ werden kann. Letztlich könnte sonst nach Vergleichsabschluss einfach ein neuer Auskunftsanspruch geltend gemacht werden. Hier bin ich sehr skeptisch, ob der EuGH einen solchen „künftigen“ Verzicht für rechtmäßig erachten würde.

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